Vorzeigebetrieb

Wenn ein Dienstleistungs-Unternehmen sich seit über 114 Jahren am Markt behaupten kann, dann ...

... muss es sich laufend den neuen Herausforderungen anpassen.

Wie das KommR Viktor Wagner, der Chef der Reiwag-Gruppe, der das 3.000-Mitarbeiter-Imperium in sechs Ländern mit einem Umsatz von über 65 Millionen in dritter Generation führt, macht, hat ihn rationell reinigen Österreich in der Firmenzentrale in Wien gefragt.

Rationell reinigen: Herr Wagner, die Dienstleistungsbranche ist ein hart umkämpfter Markt. Wie schaffen Sie es, jedes Jahr zu wachsen und auch noch Geld dabei zu verdienen?

Wagner: Es ist das heutige Wettbewerbsumfeld in allen Bereichen und Ländern sicher eine noch größere Herausforderung, als noch vor 20 Jahren. 1968 begann ich mit einem Mitarbeiter und gründete die Firma Reiwag, nach etwas mehr als einem Jahr übernahm ich die Firma meines Vaters und wurde Bürochef. Die vor meiner Firmengründung in den USA erworbenen Marktkenntnisse konnte ich sehr erfolgreich in der damals aufstrebenden Wirtschaftslandschaft Österreichs nutzen, indem ich das Know-how so einsetzte, dass ich bei gleichen Preisen wie die Mitbewerber mehr verdiente. 

Wir haben die Chancen der Ostöffnung aktiv genutzt und sind bereits 1991 nach Tschechien gegangen, wo wir neben einer Reiwag-Niederlassung auch mit der Stadt Prag 1995 ein gemeinsames Unternehmen für die Stadtreinigung sowie die Müllabfuhr gegründet haben, welches noch heute sehr erfolgreich operiert, nämlich die Komwag a.s. Diesen erfolgreichen Schritt ins Ausland haben wir dann im Laufe der Jahre in der Slowakei, in Kroatien, Serbien und Rumänien fortgesetzt. Aus Ungarn haben wir uns wieder zurückgezogen, weil wir nur saubere Geschäfte im wahrsten Sinne des Wortes machen. Wir steigern nicht nur jedes Jahr unseren Umsatz besonnen, aber stetig, sondern steigern gleichzeitig auch die Ergebnisse. Ohne Gewinn kann ein Unternehmen schließlich langfristig nicht funktionieren.

Rationell reinigen: Ist es in Ihren Auslandsmärkten nicht schwierig, bei diesen Nicht-Euro-Ländern die schwankenden Wechselkurse auszugleichen?

Wagner: Damit haben wir kein Problem, da unsere Kosten ja auch in den entsprechenden Währungen anfallen. Weil wir keine Gewinne nach Österreich transferieren, sondern in den jeweiligen Unternehmen lassen, um damit das gesunde Wachstum zu finanzieren, stellt sich diese Frage für uns gar nicht.

Rationell reinigen: Ist die Mitarbeitersituation in Österreich oder in den anderen Länder schwieriger?

Wagner: Wir suchen wegen unserer ständigen Expansion immer gute Mitarbeiter, was in unseren Auslandsmärkten noch schwieriger ist, als in Österreich. Im Raum Prag zum Beispiel gibt es eine Arbeitslosenrate von nur zwei Prozent, was die Herausforderung natürlich noch größer macht. In Österreich müssen alle Mitarbeiter zumindest Grundkenntnisse in Deutsch haben, da wir unsere Schulungen nicht in allen Landessprachen machen können. Wer aber bei uns anfängt, den versorgen und betreuen wir sehr gut. Dadurch haben wir eine branchenunübliche niedere Fluktuationsrate, worauf wir stolz sind.

Rationell reinigen: Sie haben ja bereits sehr viele Ehrungen und Auszeichnungen bekommen. Was ist der Grund dafür?

Wagner: Es ist im Laufe der Jahre tatsächlich einiges zusammen gekommen. Wir sind bei den Superbrands Austria, bei den Hidden Champions, waren sechsmal in den Europe`s Top 500 und 2013 wurde ich zum Entrepreneur of the Year von ErnstYoung gewählt. Besonders aber haben mich das goldene Ehrenzeichen der Innung sowie der Besuch des damals amtierenden Bundespräsidenten Heinz Fischer in unserer Prager Niederlassung gefreut. Ich sehe alle diese Auszeichnungen als Anerkennung unseres gesamten Teams, schließlich kann ich als Einzelner alleine nur wenig ausrichten. Die Auszeichnungen lassen uns aber auch nicht selbstgefällig werden, sondern spornen uns nur noch weiter an.

Rationell reinigen: Stichwort Innung. Sie sind nicht nur in Österreich bei der Standesvertretung aktiv, sondern auch international. Wie wichtig ist dieses Engagement für Sie?

Wagner: Ich bin sehr gerne in der FIDEN (Fédération des Entreprises de Nettoyage), wo ich auch Vizepräsident bin, aber auch in der EFCI oder bei der IFMA international unterwegs, um Österreich zu repräsentieren und an der gemeinsamen Zukunft aktiv mitzuarbeiten. Der internationale Verdrängungswettbewerb wird immer intensiver, sodass dieses Engagement neben der wichtigen Innungsarbeit in Österreich, für welches ich nur wenig Zeit habe, ebenfalls sehr bedeutend ist. Seit dem Amtsantritt von KommR Gerhard Komarek mit seinem Team verfügen wir über ausgezeichnete Repräsentanten! Es geht national wie auch international aus meiner Sicht um sehr ähnliche Themen wie Rahmenbedingungen, Ausbildung, Imageaufbau und technische Entwicklungen. Wir müssen über den Tellerrand blicken und uns aktiv auf allen Ebenen einbringen. Das mache ich sehr gerne.

Rationell reinigen: Stichwort „technische Entwicklungen“. Sie waren beim Zukunftsforum Gebäudedienste in Dresden letztes Jahr, bei dem die technische Entwicklung stark thematisiert wurde und so manche scheinbar utopische Zukunftsszenarien gezeichnet wurden. Wie schätzen Sie die Entwicklung auf diesem Gebiet ein?

Wagner: Ich fahre gerne zu solchen Kongressen, weil sie den Horizont erweitern. Besonders intensiv pflege ich den Kontakt zu den Kollegen in der deutschen Gebäudedienstleistungsindustrie, insbesondere zum deutschen Vorstand, wo aus diesen Kontakten, welche seit über 20 Jahren bestehen, wertvolle Freundschaften entstanden. Deshalb war auch meine Reise ins Silicon Valley, zu der ich als Unternehmer des Jahres 2013 eingeladen wurde, so interessant. Was uns heute noch utopisch erscheint, ist übermorgen schon bald der Alltag. Reiwag hat bereits vor vielen Jahren mit dem Frauenhofer-Institut bei der Entwicklung von Staubsauger-Robotern zusammengearbeitet. Dieses Projekt ist damals an der Batterietechnologie gescheitert, weil es eben nur kabellos geht. Vor kurzem wurde der erste kabellose Industriestaubsauger zum Test vorgestellt. Batteriebetriebene Waschautomaten gehören längst zum Alltag. Ich rechne mit einer weiteren Automatisierung, bin aber etwas skeptisch, was zum Beispiel die Sensoren betrifft, die jeden Raum überwachen und aufzeichnen. Dafür sind aus meiner Sicht noch einige datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen zu klären und zu definieren, um die derzeit gesetzlichen Bedingungen einzuhalten.

Rationell reinigen: Abgesehen von der Zukunft der Technik. Was haben Sie für Ihre Zukunft noch vor?

Wagner: Obwohl ich nicht mehr der Jüngste bin, habe ich in Zukunft persönlich noch sehr viel vor, weil mir das Arbeiten und Gestalten nach wie vor noch sehr viel Freude macht. Mein Co-Geschäftsführer Thomas Dittrich, der seit über 28 Jahren im Unternehmen tätig ist, leitet das österreichische Geschäft hervorragend. Ich besuche regelmäßig unsere Auslandstöchter, um die Kontaktpflege zu unseren Kunden und Mitarbeitern aufrechtzuerhalten. Ich konzentriere mich aber immer mehr auf die Aufsichtsfunktion und überlasse das Tagesgeschäft den Managern, die das sehr gut machen. So haben wir gerade die Zürich-Kosmos-Versicherung österreichweit als Auftraggeber gewonnen und den Auftrag für Swiss Re in der Slowakei gewonnen. Weitere Aufträge für 2017 sind unterschriftsreif und wir erwarten mit großer Zuversicht für 2017 eine weitere Umsatz- und Gewinnsteigerung. Wir haben also noch viele Marktchancen, die wir nutzen können. Mein Team und ich freuen uns jeden Tag auf neue Herausforderungen.

Rationell reinigen: Herr Wagner, danke für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen weiterhin so viel Elan bei der Umsetzung Ihrer Ideen.

Quelle: rationell-reinigen, Österreich, Ausgabe 4.2017, Autor: Thomas Mayrhofer